Trauer um Peter Arens

Die Friseurwelt – und ganz besonders die Welt der Intercoiffure – trauern um einen sehr wertvollen Menschen, der genau heute vor einer Woche von uns gegangen ist. Ja, er war schon über einen längeren Zeitpunkt gesundheitlich angeschlagen und gezeichnet. Dennoch hat mich die Nachricht vom Tod Peter Arens tief getroffen.

Von Kindesbeinen an haben mich meine Eltern zu Intercoiffure-Veranstaltungen geschleppt. Deutschland Kongresse & Frisurenshows, überall musste ich mit. Ich habe es oft gehasst. Als Schulkind konnte ich mit all den Friseur-Themen nichts anfangen. Und ich mochte es gar nicht, wenn man mir mit der Hand über den Kopf streichelte und mir mitteilte, dass ich ja echt groß geworden bin. So einige Freunde meiner Eltern und viele Intercoiffure habe ich als Kind nicht gemocht. Doch es gab da eine Ausnahme. Ein Typ aus Mainz. Er gab mir schon als Kind das Gefühl, dass er mich sehr mochte und das er mich ernst nahm. Als ich älter wurde, hat sich dieses Gefühl noch verstärkt. Er engagierte sich nicht nur für seinen eigenen, wunderbaren Friseursalon in der Mainzer Innenstadt und für die Gemeinschaft der Intercoiffure, sondern er war auch sehr aktiv beim FSV Mainz 05. Er liebte Fussball. Spätestens da avancierte Peter für mich zum Vorbild.

Ich schlug den Weg zum Friseurberuf ein. Mein Verhältnis zu den privaten und beruflichen Freunden meiner Eltern entspannte sich. Ich engagiere mich seit meinem ersten Ausbildungsjahr 1984 ehrenamtlich für die Intercoiffure. Immer an meiner Seite: Peter Arens. Er war für mich, selbstverständlich neben meinen Eltern, der fixe Stern der Intercoiffure, an dem ich stets versucht habe mich auszurichten. Peter Arens mag in seiner Schaffenszeit ein sehr guter Friseur gewesen sein, doch in mein Herz hat er sich nicht eingebrannt weil er so herausragende Stylings zauberte, sondern weil er Peter Arens war. In all den Jahren habe ich kaum einen Menschen kennen lernen dürfen, der so viel „Mensch“ war. Peter verkörpert für mich Empathie, Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit. Er hat aus seinem Herzen nie ein Geheimnis gemacht. Es war ihm immer sofort anzusehen wenn es einen beruflichen Misserfolg gegeben hat – oder wenn sein FSV Mainz 05 schlecht spielte. Letzteres kam in den Jahren als ich ihn besser kennen lernen durfte, noch recht häufig vor. Mainz war weit entfernt vom Erstliga-Fussball. Peter kannte meine Gefühle für den HSV und er war am Ende sogar der Auslöser, dass ich einen HSV-Mitgliedsausweis beantragte. „Lars, man muss sich engagieren für das was man liebt!“ Ich wurde Förderer des HSV Museums und bin auch zu einigen Mitgliederversammlungen gegangen. Weiter ging und geht mein Engagement für meinen Herzens-Verein jedoch nicht, da der Fussball-Profisport heute völlig anders ist als zu der Zeit, in der sich Peter mit Haut und Haaren Mainz 05 verschrieb. Peter war Vizepräsident der Mainzer (genau so wie für Intercoiffure) und half gleichzeitig als Stadionsprecher oder als Pressesprecher bei PK´s aus. Bevor Christian Heidel das immer professionellere Fussballgeschäft als Sportmanager übernahm, war Peter auch für die Zusammenstellung des Kaders mitverantwortlich. Die Geschichten die er mir diesbezüglich anvertraute, bleiben natürlich vertraulich. Verrückte Geschichten. Peter wurde für mich somit nicht nur der Mensch zu dem ich in unserer Branche bei den Intercoiffuren hochschaute, sondern auch im professionellen Fussball-Business. Peter Arens war und ist eines meiner ganz großen Vorbilder.

Es gab Zeiten an denen Mainz immer knapp den Aufstieg in die erste Liga verpasste. Bei einem Intercoiffure-Kongress fachsimpelten wir über Fussball. Peter schwärmte von den fachlichen wie menschlichen Qualitäten eines Spielers, den sie als eine Art Spieler-Trainer umfunktionieren wollten. Meine Reaktion war: „Ein Spieler der jetzt Trainer werden soll? Das klingt ja nicht besonders professionell„. Peter sollte recht behalten, ich nicht!

Schon vor einem möglichen Aufstieg hatten wir besprochen, dass, sollte Mainz 05 wirklich einmal gegen den HSV spielen, ich dann mit Peter auf der Bank am Spielfeldrand sitzen werde. Das Unmögliche wurde wahr, der FSV Mainz 05 wurde 2004 Erstligist, der Termin rückte näher und Peter rief mich eines Tages unerwartet an und teilte mir mit, dass aus unserem Plan nichts wird. Er musste mir sogar mitteilen, dass das Kontingent an VIP Plätzen völlig ausgeschöpft ist und wir das Spiel nicht gemeinsam schauen können. Ich höre seine brüchige und traurige Stimme noch wie heute. Ein Versprechen nicht einzuhalten, und sei es auch noch so eine blödsinnige, naive Schnapsidee wie die Vorstellung sich bei einem Spiel der 1. Bundesliga einfach neben das Spielfeld setzen zu können, schmeckte Peter gar nicht. Es war ihm total unangenehm.

Am Samstag, den 29. Januar 2005 war es soweit. Der „große HSV“ empfing zum aller ersten Mal den „kleinen FSV Mainz 05“ im Volksparkstadion. Früh am Vormittag trafen wir uns in unserem Salon. Ich sagte ihm, dass ich noch eine Karte im Oberrang gekauft habe und wir somit das „historische Spiel“ dann doch beide live im Stadion erleben werden, nur nicht nebeneinander. Anstoß war klassisch um 15:30 Uhr. Ich saß schon früh auf meinem Platz. Gegen 15:00 Uhr klingelte mein Nokia-Telefon. Es war Peter. „Lars wo sitzt Du? Steh mal auf und winke. Ich stehe gerade am Anstoßpunkt.“ Und tatsächlich. Während sich auf beiden Seiten die Mannschaften aufwärmten, stand da mein Friseurfreund aus Mainz mitten auf dem Platz und blickte sich um. Ich stand auf und winkte wie verrückt. Er sah mich und rief in sein Telefon: „Lars, dass ist ja so geil hier!“ Mein Herz sprang hoch und wir konnten es beide kaum glauben. Peters Traum, von dem er mir bei zahlreichen Intercoiffure-Kongressen erzählte, ist endlich wahr geworden. Der HSV gewann das Spiel 2:1 durch Tore von Benny Lauth und Sergej Barbarez. Auf der Trainerbank des HSV saß Thomas Doll, bei Mainz 05…… der ehemalige Spieler-Trainer Jürgen Klopp. Es war einer der wenigen Siege „meines HSV“, über die ich mich nicht so recht freuen konnte.

Die „kleinen“ Mainzer sind bis heute in der 1. Fussball-Bundesliga geblieben. Im Gegensatz zum „großen“ HSV. Über viele Jahre hielten wir am Ritual fest, dass wir uns am frühen Morgen des Spieltages im Volksparkstadion in einem unserer Salons trafen. Peter sah somit die Entwicklung unseres Familienunternehmens und sparte nicht an Lob und an richtig guten Ratschlägen. Er wurde mir ein richtig guter, väterlicher Freund – auch wenn wir uns nur sehr selten sahen.

Nicht nur die Stadt Mainz und der FSV trauern um Peter Arens, auch die Intercoiffure tun es. Peter hat sich sehr viele Jahre ehrenamtlich im Vorstand engagiert, wurde 1987 vom damaligen Bundespräsidenten mit dem Bundesverdienstkreuz für besondere Verdienste im Friseurhandwerk ausgezeichnet, erhielt 1991 mit dem Status „Commandeur“ die höchste internationale Auszeichnung der Intercoiffure und war bis zum Schluss einer unser drei „Senatoren“ in Deutschland. Was er sagte, hatte Gewicht. Wegen Peter bin ich auch heute noch im Vorstand aktiv, weil er mich vor etlichen Jahren darum bat dafür zu sorgen, dass „die Werte der Intercoiffure auch im digitalen Zeitalter “ zeitgemäß bewahrt bleiben. Auch das war eine Stärke von Peter: Vertrauen schenken. Er musste nie in der ersten Reihe stehen und freute sich, wenn andere Personen durch seine Unterstützung eigene Erfolge erzielten. Darüber hinaus war er ein unglaublicher Charmeur. Die Herzen, nicht nur der Frauen, flogen ihm zu. Peter war warmherzig und einfühlsam. Natürlich konnte er sehr gut Geschichten erzählen – aber genau so gut konnte er zuhören.

Als unser Sohn ein Praktikum in einem Friseursalon machen wollte, brauchten Simona und ich gar nicht lange überlegen. Wo, wenn nicht in Mainz bei Arens? Peter, Peters Frau Anita, sein Sohn Christian und dessen Frau Diana – sie alle genießen unser 100%iges Vertrauen, auch wenn wir nicht im klassischen Sinne eng befreundet sind. Unser Sohn verlebte eine tolle Woche in Mainz und das Fazit von Familie Arens war: „Ihr habt einen großartigen Sohn mit den richtigen Werten. Ihr habt bis hier hin alles richtig gemacht. Und wollt Ihr das weiterhin tun, dann lasst ihn das machen wofür er brennt. Der Friseurberuf ist dies wohl eher nicht.“ Das war eine Punktlandung. Heute studiert unser Sohn Politikwissenschaft und scheint ziemlich glücklich zu sein.

Im Namen meiner Frau, unseres Sohnes und natürlich auch im Namen meines Vaters Uwe (jahrzehntelanger Freund und Wegbegleiters Peters) möchte ich der Familie unsere Beileid und unser Mitgefühl aussprechen. Wir wünschen Euch ganz viel Kraft. Auch dem Friseur-Team, dem Club FSV Main 05 und den vielen Freunden von Peter sprechen wir unsere Anteilnahme aus.

Herzlich, Lars Nicolaisen

PS: Auf der Homepage des FSV Mainz 05 hat der Direktor für Kommunikation & Marketing einen sehr lesenswerten, sehr persönlichen Nachruf verfasst, welchen ich hier sehr gern weiterleite und empfehle: https://www.mainz05.de/news/meenzer-bub-und-grandseigneur/