THANKS FOR NOTHING?

Wenn Storys und Nachrichten in sozialen Medien gepostet und geteilt werden, in denen man als Person oder als Unternehmen kritisiert und negativ dargestellt wird, dann tut das natürlich erst einmal weh. So gestern geschehen.

Eine wertvolle Kundin wurde gestern in einem unserer Salons nicht bedient und sie hat ihre Verärgerung sofort in ihrem Netzwerk mit fast 40.000 Followern geteilt. In diesen vernetzten Zeiten ist solch eine Reaktion fast schon normal und selbstverständlich absolut legitim. Das ist natürlich für uns total unangenehm.

Als mich die betroffene Mitarbeiterin am Mittag anrief und mich über den Vorfall informierte, setzten sich in meinem Kopf sofort diverse Zahnräder in Bewegung. Auf der einen Seite genießen meine Mitarbeiter:innen großes Vertrauen. Ich bin wirklich froh und stolz über jede einzelne Person bei uns. Auf der anderen Seite weiß ich, dass weder die Mitarbeiter:innen noch ich fehlerlos sind. Natürlich passieren uns auch immer mal wieder Fehler. Ich denke das ist menschlich. Das ärgert mich dann selbst am meisten und ich frage mich, was wir aus der aktuellen Situation lernen können und was wir zukünftig besser machen müssen.

Genau diese Fragen bewegten mich beim Telefonat mit der Kollegin. Nachdem sie mir den Besuch geschildert hatte, besprachen wir beide den „Vorfall“. Und ich möchte den heutigen Blog dazu nutzen, allen Leser:innen an unseren gestrigen Gedanken teilhaben zu lassen.

Zunächst muss man einmal feststellen, dass die Kundin nichts falsch gemacht hat und ich die Verärgerung seitens der Kundin sofort nachvollziehen konnte. Was war geschehen? Die Kundin hatte einen langen Termin für eine aufwendige, hochpreisige und sehr anspruchsvolle Farbveränderung gebucht. Als die Kundin gestern pünktlich zum vereinbarten Termin im Salon saß und mit der Kollegin den Kundenwunsch besprach, stieß sie auf eine zweifelnde Stylistin. Das irritiert natürlich. Wieso war das so? Nun, hier lag ein Fehler unsererseits vor. Die Kundin hat bei der Terminvereinbarung alles richtig gemacht, aber die Person die den Termin entgegen genommen hat, hat den Zeitaufwand falsch eingeschätzt. Warum auch immer…. das, was die Kundin sich gestern im Salon wünschte, konnte bei unserem Qualitätsanspruch in der vorgesehenen Zeit nicht zufriedenstellend durchgeführt werden. Das war der Stylistin sofort klar.

Die Stylistin suchte nach Alternativen, aber die waren schlicht nicht realisierbar. Dann unterbreitete sie der Kundin mehrere Möglichkeiten. Zum einen hätte man Teile der Wünsche sofort erfüllen können – und alles andere bei einem Folgetermin erarbeitet. Auch wurde ihr angeboten einen ganz neuen Termin zu vereinbaren um alles „in einem Rutsch“ umzusetzen. Dies alles sagte der Kundin aber nicht zu. Nun hätte die Kollegin versuchen können den Kundenwunsch in dem dafür intern falsch berechneten Zeitablauf zu erfüllen, doch das war mit der „Nicolaisen-Regel“ nicht zu vereinbaren. Was das bedeutet? Nun, wir sagen bei uns intern, dass wir alle fachlichen Arbeiten ablehnen, bei denen wir uns nicht wirklich sicher sind, dass das Ergebnis am Ende unseren Ansprüchen und den Ansprüchen unserer Gäste genügt.

Hätte ich das Geld gestern Abend gern in der Kasse gehabt? Unbedingt. Aber wenn ein nachvollziehbares Risiko besteht, dass die Kundin mit dem Ergebnis nicht zufrieden sein könnte, dann lehnen wir die Arbeit ab. Und zwar zum Wohle des Kunden bzw. der Kundin! So etwas passiert nur äußerst selten, aber genau diese Patt-Situation ergab sich gestern im Salon. Alle drei Parteien/Personen waren somit berechtigt verärgert:

  • Die Kundin. Sie hat sich zunächst* gar nichts vorzuwerfen. Sie hat einen Termin vereinbart. Sie war pünktlich. Sie war bereit einen anspruchsvollen Preis für eine anspruchsvolle Leistung zu bezahlen. Und dennoch wird ihren Wünschen nicht entsprochen. Kann ich die Verärgerung verstehen? Absolut!
  • Die Stylistin. Sie hatte Lust die Kundin zu bedienen. Sie hatte auch die fachliche Qualifikation. Doch der Zeitplan war für den Spezialwunsch unglücklich terminiert. Wieso das so war, müssen wir intern noch klären. Da ist definitiv bei uns etwas nicht optimal gelaufen. Kann ich verstehen dass die Stylisten enttäuscht war? Absolut!
  • Ich. Die Kosten in all unseren Standorten sind sehr hoch. Wir leben davon, möglichst viele Kunden zu verschönern. Zeiten in denen Mitarbeiter:innen unproduktiv herum stehen, sind betriebswirtschaftlich schmerzhaft. Und auch wenn der gestrige Termin für den speziellen Kundenwunsch zu knapp war, so war der Termin insgesamt schon recht lang gebucht. Sprich, die Kollegin stand gestern über einen längeren Zeitraum unproduktiv herum. Ärgert mich das? Absolut!

Das eine Kundin verärgert ist, ist enttäuschend. Das eine Kundin sogar „zu recht“ verärgert ist, ist noch enttäuschender. Das eine Kundin dann jedoch in Ihrer Verärgerung solche emotionale Formulieren wählt, ist nicht nur enttäuschend, sondern verletzend. Das meinte ich mit dem * im obigen Absatz.

Die Stylisten hatte „keinen Bock“? Das weise ich zurück. Die Kollegin sprach mit der Kundin als ob sie eine „Vollidiotin“ wäre? Das finde ich völlig unangebracht und persönlich beleidigend. Und das weise ich somit ebenfalls zurück. Ja stimmt, ich war gestern nicht vor Ort – somit steht immer „Aussage gegen Aussage“. Und klar können Menschen manche Ausdrücke und Formulierungen unterschiedlich interpretieren. Jedoch kenne ich die Kollegin seit einigen Jahren. Nicht nur fachlich, sondern auch menschlich genießt sie bei der Salonleitung, im Team und auch bei mir höchste Anerkennung. Sie ist gewissenhaft und äußerst korrekt. Sie ist zuvorkommend und feinfühlig. Ich war zwar gestern nicht dabei, jedoch mag ich die persönlichen Vorwürfe gegenüber meiner Kollegin so nicht stehen lassen. Ich kann die Verärgerung der Kundin verstehen und habe auch für eine anschließende emotionale Reaktion und öffentliche Kritik Verständnis. Doch inhaltlich ist das auf der persönlichen Ebene nicht korrekt wiedergegeben und so ganz kommentarlos konnte und wollte ich diese Aussagen nicht im digitalen Raum stehen lassen. Daher heute mein Blog.

Letzter Gedanke, persönlich an die Kundin gerichtet: Es tut mir wirklich leid, dass Sie sich so über uns geärgert haben. Und Ihren Blickwinkel kann ich auch sehr gut nachvollziehen. In Ihrem „Kanal“ konnten wir sehen, dass Sie noch am selben Tag einen anderen Friseursalon besucht haben. Sollten Sie mit dem dort erstellten Ergebnis auch in den kommenden Wochen/Monaten glücklich sein, dann würde es mich für Sie freuen, denn dann hätten Sie ja am Ende doch noch das erhalten was Sie sich gewünscht und erwartet haben. Dann akzeptiere ich das natürlich vollkommen. Sollten Sie jedoch nicht zufrieden sein oder hätten Sie zukünftig doch noch einmal Lust zu uns zu kommen, dann schreiben Sie mir bitte persönlich eine E-Mail ins Büro an office@nicolaisen-hamburg.de. Ich werde mich dann persönlich darum kümmern, dass uns dieser Buchungsfehler nicht noch einmal passiert und wir für Ihre Wünsche ausreichend Zeit berücksichtigen.“ Thanks for nothing“? Ich denke und hoffe nicht.

Herzlich, Lars Nicolaisen