Tag 8 der geschlossenen Friseursalons in Deutschland. Der Druck wächst. Für mich als Unternehmer, denn trotz aller akribischen Vorbereitungen sind wichtige Dokumente noch nicht online. Es sieht zwar sehr gut aus, dass wir die nächsten Wochen auch mit geschlossenen Türen überstehen werden, doch „schwarz auf weiß“ habe ich es noch nicht. So ist die wichtigste Devise für mich auch heute, erst einmal weiter ruhig zu bleiben und seriös alle diesbezüglichen Anforderungen tagesaktuell zu bearbeiten.
Der Druck nimmt auch von Seiten unserer Kunden zu. Besonders oft werden unsere Mitarbeiter, aber auch die Salons und auch unser Büro angeschrieben mit der Bitte um Hilfe – gerade beim Thema „Farbansatz“. Viele Kunden wünschen sich den jetzt rauswachsenden Ansatz zu kaschieren, am besten sogar selbst nach zu färben. Ein absolut verständlicher Wunsch. Und wie alle Friseure, so möchten auch wir sehr gern helfen. Doch was ist jetzt die beste Lösung?
82% unserer Farb-Kunden erhalten Freihandfarbtechniken (Balayage, Painting) oder Foliensträhnen. Bei diesen Farbspielen ist eine Ansatzfärbung förmlich Sinn befreit, denn egal welche Farbe man am Ansatz verwenden würde – ein sichtbarer Absatz würde bestehen bleiben. Oftmals schlimmer, als ein natürlich herausgewachsener Ansatz. Bei den Kunden die eine einheitliche „globale“ Haarfarbe bzw. Tönung bei uns erhalten, verwenden wir unterschiedliche Farbnuancen mit unterschiedlichsten Wasserstoffperoxyden. Egal ob „einheitliche Farbe“, egal ob Balayage, Painting oder Foliensträhnen – unsere Kunden haben einen großen Vorteil und einen Nachteil:
- Vorteil für unsere Kunden: Wunderschöne Farbspiele, individuell und ausdrucksstark. Unikate, welche die Persönlichkeit jeder Kundin unterstreichen.
- Nachteil für unsere Kunden: Bei dem unwahrscheinlichen Fall dass unsere Salons über einen längeren Zeitraum schließen müssen, kann man diese Farbspiele nicht selbst nacharbeiten.
Was nun? Wir verstehen den Wunsch all derer die uns anschreiben. Wir wollen definitiv auch helfen! Aber wir wollen das wohl überlegt und auch „richtig“ machen. Wir wissen um die Tatsache, dass so einige Friseursalons jetzt „Farb-Kits“ anbieten. Das sind Zusammenstellungen mit professioneller Haarfarbe, Oxydanten, Schale und Pinsel. Nun kennen wir die Farbtechniken dieser Kollegen nicht. Mag sein, dass man bei seinen Kunden nur einen einzigen Farbton verwendet. Mag auch sein, dass diese Kollegen nicht darüber nachgedacht haben, dass Friseure die Farbe an Kunden verkaufen, bei auftreten Problemen (zB Haarbruch durch falsche Anwendung) haftungspflichtig sind. Ich kann nicht in die Köpfe dieser Kollegen schauen. Ich bin schon sehr lange in dieser Branche tätig um zu wissen, dass es all diese Kollegen sicherlich vom Herzen gut meinen und einfach ihren Kunden helfen wollen. Das kritisiere ich überhaupt nicht – aber dennoch ist es aus meiner tiefsten Überzeugung der falsche Weg. Und diesen wollen wir nicht gehen.
Und jetzt? Im Drogeriemarkt eine Farbe kaufen? Es steht jedem frei dies zu tun, doch muss ich an dieser Stelle darauf hinweisen, dass professionelle Haarfarben einen völlig anderen chemischen Aufbau haben als das, was man in der Drogerie kaufen kann. Das muss nicht zwangsläufig schlecht sein, aber es ist „anders“. Andere Farbpigmente, andere Trägersalze, andere Alkalisierungsmittel, andere Antioxydanten,…. Professionelle Haarfarbe verträgt sich oftmals nicht mit Drogerie-Haarfarbe. In der Vergangenheit haben wir oftmals Behandlungen abgelehnt, bei denen Kunden sich mit Drogerie-Haarfarbe verfärbt haben und dies anschließend von uns korrigiert haben wollten. Wir lehnen es nicht ab weil wir beleidigt sind oder nicht helfen wollen – sondern weil dies oftmals einfach auch nicht geht. Das wollen Kunden häufig nicht verstehen, und ich erzähle dann immer eine Metapher um es ein wenig greifbarer zu machen:
Stellen Sie sich ein weißes Blatt Papier vor. Daneben ein Tuschkasten. Jetzt tuschen Sie das ganze Blatt blau. Wie sieht das Blatt Papier dann aus? Blau. Richtig. Und jetzt tuschen Sie darüber mit Gelb. Wie sieht das Blatt Papier dann aus? Gelb? Nein. Es sieht grün aus.
Es gibt einen Grund warum Friseure sich ständig weiterbilden und Farbnuancen sich ständig weiterentwickeln. In den allermeisten Fällen bringen Kunden nämlich kein weißes Blatt Papier mit in den Salon, sondern eines auf welchem schon ganz viele Farben vorhanden sind. Die Kunst ist es nun für den Friseur, trotz dieser schwierigen Grundlage ein Farbenspiel zu erstellen welches wunderschön aussieht und die Haare gleichzeitig minimal belastet. Ginge das mit einer einfachen Mischung aus dem Drogeriemarkt, dann wären wir ja völlig überflüssig – und dann würden Sie jetzt auch nicht hier unglücklich bei uns im Salon sitzen.
Okay. Wir stellen keine „Farb-Kits“ für unsere Kunden bereit und empfehlen auch nicht diese bei anderen Friseuren und Shops zu erwerben, weil wir der Überzeugung sind, dass die Ergebnisse viel zu oft noch schlimmer wären als ein rausgewachsener Ansatz. Wir empfehlen auch keine Farben aus dem Drogeriemarkt zu verwenden. Lassen wir unsere Kunden somit allein? Nein! Es gibt zwei Dinge die ich mitteilen möchte:
Es gibt von „Wella“ ein professionelles Produkt, welches sich mit unseren professionellen Haarfarben verträgt, welches für Salon-Kunden konzipiert wurde um zwischen den Salonbesuchen zu Hause selbst die Ansätze zu kaschieren. Dieses Produkt heißt „Wella Insta Recharge Ansatzpuder“, gibt es in fünf verschiedenen Farbnuancen und kann ich voller Überzeugung empfehlen. Alle Informationen zu diesem Produkt erhält man hier. Wir verkaufen dieses Produkt in unseren Salons. Da diese geschlossen sind, empfehle ich unsere Hamburger Kollegen vom „Hagel Shop“, die seriös und schnellstmöglich diese Produkte nach Hause versenden. Hier der direkte Link.
Die Salonteams scharren schon mit den Füssen endlich wieder loslegen zu dürfen. Leider wird dies jedoch noch dauern, eventuell sogar den ganzen April lang. Und schaut man in andere europäischer Länder, dann sieht man, dass dort gerade darüber diskutiert wird, dass sobald Geschäfte wieder öffnen dürfen, „Dienstleistungen am Menschen“ zunächst nur mit Restriktionen erlaubt werden könnten. Daher ist es für uns unmöglich jetzt garantierte Aussagen zu tätigen wann wir wieder öffnen und Kunden bedienen können. Dazu ist es noch zu früh. Sobald wir dies wissen, werden wir sofort darüber informieren. Nur eines kann ich schon heute garantieren: Wir machen uns schon jetzt Gedanken darüber, wie wir – sobald wir wieder öffnen dürfen – so schnell und so viele Farbkunden wie irgend möglich bedienen können. Denkbar, dass wir in der ersten Phase in Schichten arbeiten um schon deutlich früher öffnen und später schließen zu können.
Wir überlegen uns wirklich intensiv, wie wir unseren Kunden schnellstmöglich helfen können. Doch dazu bedarf es jetzt zunächst einen kühlen Kopf, um zB Haarfarben nicht zu verschlimmbessern. Und es bedarf einer größtmöglichen Flexibilität unsererseits, sobald wir wieder loslegen dürfen. Wir sind dafür bereit!
Je mehr Menschen sich an die Vorgaben der Bundesregierung halten, je mehr und je länger Menschen sensibel und verantwortungsvoll mit der Vorgabe „Kontaktverbot“ umgehen, um so mehr unterstützen wir die Menschen in den Gesundheitsberufen und um so schneller können die aktuellen Vorgaben wieder gelockert werden. Daher meine Bitte an dieser Stelle sich auch weiterhin solidarisch und pflichtbewußt zu verhalten. Ein Ansatz und eine verblasste Haarfarbe kann furchtbar aussehen. Keiner weiß das besser als wir Friseure. Aber es gibt aktuell schlimmeres als unschöne Haarfarben. Die Bilder aus Krankenhäusern und vielen sozialen Einrichtungen sollten uns mahnen jetzt die richtigen Prioritäten zu setzen. Und so schwer es mir fällt dies jetzt zu schreiben, aber die eigene Haarfarbe bzw. Haarlänge sollte jetzt nicht ganz oben auf der Agenda stehen.
Wir vermissen unsere Kunden! Wir freuen uns wie bekloppt auf den Tag an dem wir unsere Kunden wieder bedienen können, wo wir mit unseren Kunden lachen und uns vertrauensvoll austauschen können. Der Tag wird kommen. Je schneller desto besser. Bis dahin bleibt mir nichts anders übrig als um Geduld zu bitten.
Herzlich, Lars Nicolaisen