Es ist beschlossene Sache. Der Reformationstag am 31. Oktober ist neuer gesetzlicher Feiertag in Hamburg. Soweit, so gut. Durch meinen bayrischen Bruder weiß ich seit vielen Jahren, wie viel mehr Feiertage manch andere Bundesländer haben – von den rheinländischen Karnevalsgebieten ganz zu schweigen. Ich denke wir Nordlichter haben uns dies mehr als verdient, und es freut mich nicht nur für meine Mitarbeiter. Auch ich freue mich gemeinsam mit meiner Familie über einen Tag mehr im Jahr, in dem man einmal durchatmen und Freundschaften pflegen kann. Alles gut? Nicht ganz. Als Unternehmer bleibt bei aller Freude dennoch ein Beigeschmack.
Die steuerliche Belastung für den Mittelstand ist enorm. Während ich besonders in den letzten Monaten in den Medien verfolgen durfte wie eine mögliche neue „GroKo“ bedürftige Bürger entlasten und gleichzeitig die große Wirtschaft ankurbeln will, warte ich immer noch darauf ob ich als selbständiger Friseur auch einmal Vorteile erhalte. Sehen tue ich das leider nicht. Von mir wird verlangt gläsernd und steuerehrlich zu wirtschaften, Mitarbeiter fair und anständig zu entlohnen und dabei immer freundlich, lächelnd und verständnisvoll meinen Mitmenschen gegenüber zu sein. Alle schauen nach ihren Vorteilen – aber keiner fragt sich wo ich bleibe. Mit 100% persönlichem Risiko biete ich knapp 50 Mitarbeitern einen (wie ich denke) sehr guten Arbeitsplatz. Ich trage die volle Last, das volle Risiko und bekomme regelmäßig Druck von vielen Seiten. Sollte ich meine Steuerverpflichtungen auch nur einen Tag zu spät begleichen, bezahle ich ein Bußgeld. „Wir sind keine Bank“ sagte mir mal jemand vom Finanzamt. Eigentlich ja eine richtige Feststellung, hätte die Bundesregierung nicht einen Tag nach dieser Aussage im letzten Jahr „Air Berlin“ mit 150 Millionen Euro unterstützt…
Gestern erklärte unser Bürgermeister, dass der Verkauf der „HSH Nordbank“ abgewickelt, und dies mit 14 Milliarden (!) Steuergeldern erreicht wurde. Die politischen Stimmen werden immer lauter, dass auch das „Diesel-Problem“ zu einem erheblichen Teil mit Steuergeldern gelöst werden soll. WAS? Die Grenzwerte für Stickoxide, Feinstaub usw. der europäischen Union sind seit 2010 bekannt. Zweitausendzehn! Jetzt schreiben wir das Jahr 2018! Die Autoindustrie schummelt, betrügt ihre Kunden – und der Steuerzahler darf mithelfen dies deutlich einseitige Vergehen wieder zu korrigieren? Ja, sind denn jetzt alle verrückt geworden?
Ich denke Ihr wisst worauf ich hinaus will. Ich werde aufgefordert überall mit meinem Geld zu helfen. Aber wenn ich vom Staat einmal Hilfe benötige wird sie verweigert. Beispiel „Ausbildung“. Kommt die neue „GroKo“, soll es Mindestlöhne auch für Azubis geben. Klingt im ersten Moment super, da die Ausbildungsvergütung oftmals ja wirklich nicht sehr hoch ist. Aber was bedeutet das für meine Branche? Aktuell bilden eh nur noch 15% aller Friseurbetriebe aus. 15 Prozent! Viele Friseurbetriebe können sich „ausbilden“ einfach nicht mehr leisten, da einem schon jetzt jeder Azubis im Schnitt 1.000 Euro im Monat kostet. Die Ausbildungsvergütung ist ja nur ein Teil. Steuerliche Verpflichtungen, Versicherungen, Kosten für Berufsschule, überbetriebliche Ausbildung und und und kommen ja noch hinzu. Jetzt frage ich mal ganz freundlich…. wieso kann der Staat mir nicht helfen junge Menschen auszubilden und meine Ausbildungskosten verringern? Wäre es nicht lohnenswert sich darüber Gedanken zu machen wie eine Ausbildungsvergütung im Handwerk für junge Menschen wieder deutlich attraktiver sein kann, ohne dass dies im vollen Umfang der Ausbildungsbetrieb bezahlt? Oder wenn ich alles bezahlen soll… an welcher Stelle könnte ich vielleicht auch mal entlastet werden? Warum werden in „Diesel“ und in „Banken“ viele Milliarden investiert – aber nicht in die Ausbildung in einem Handwerk?
Natürlich glaube ich die Antwort zu kennen. Und zugegeben, ich bin jetzt auch total vom Thema abgekommen und könnte noch 100 weitere Beispiele nennen. Bringt aber nichts. Zurück zum Einstiegsthema: Ja, ich freue mich über einen weiteren Feiertag. Finde ich richtig und wichtig! Aber als Unternehmer möchte ich nur anmerken dass dies ein weiterer Tag ist an dem ich keinen Umsatz erwirtschaften werde. Umsatz der wichtig ist, allen Verpflichtungen nachzukommen. Und da ich politisch zukünftig keine Entlastung sondern im Zweifel nur noch mehr Druck erwarten darf, bleibt bei aller Freude über den Reformationstag ein bitterer Beigeschmack…. Ich wünsche uns allen einen schönen Donnerstag.
Herzlichst, Lars Nicolaisen