Jeden Mittwoch werfe ich einen Blick auf unsere Bewertungen bei Google und Facebook. Gestern haben wir eine 3 Sterne Bewertung von „D.L.“ auf Facebook erhalten. Auf Facebook sind nur die drei Sterne zu sehen, jedoch keine Begründung. „D.L.“ hat mir jedoch eine persönliche Nachricht geschrieben und die drei Sterne erklärt. Das fand und finde ich klasse! Und da ich mir vorstellen kann, dass sowohl der Erlebnisbericht der Kundin, als auch meine Gedanken dazu, für unsere Blog-Leser sehr interessant sein könnten, habe ich mich entschlossen offen auf die Bewertung zu antworten:

Gestern verließ ich den Salon am Ballindamm verunsichert und unglücklich mit meinem Haarschnitt.

Oh… wenn eine Bewertung schon so losgeht, dann weiß ich das ich mich beim lesen der kommenden Zeilen warm anziehen kann.

Meinen Wunsch nach einen weicheren Übergang wurde von der Frisörin nicht beherzigt und nach langen Diskussionen, Erklärungen und Widerwillen nur marginal korrigiert. Da ich asiatisches Haar habe, fallen Ecken und Kanten deutlicher auf, aber das hat sie nicht sehen wollen. Weil ich nur noch weg wollte und müde vom Gegenreden war, bedankte ich mich für die Mühe und ging.

In diesen beiden Sätzen spürt man schon den ganzen Frust – und kann den auch ganz gut nachvollziehen. Nur klingt das so gar nicht nach „Nicolaisen“. Eine Kundin die lange diskutieren und kämpfen muss damit ihr Wunsch berücksichtigt wird? Das ist merkwürdig.

Es wunderte mich, dass ich letztes Jahr hier von einer anderen Frisörin einen traumhaften Calligraphy Schnitt bekam, der schöne fließende Übergänge hatte, ohne an Länge zu verlieren.

Diese Passage ist interessant, da sie mir als verantwortlicher Unternehmer zeigt, dass diese Kundin also schon vorher bei uns war, sogar sehr zufrieden war, und jetzt nicht das bekommen hat was sie erwartete. Das ist natürlich für beide Seiten ärgerlich.

(Deshalb 3 Sterne und nicht einen. Die damalige Frisörin arbeitete sehr geschickt und ging auf Wünsche ein. Der Empfang ist auch unglaublich freundlich. Mir fällt es schwer diese Bewertung zu schreiben).

Für diese in Klammern gesetzten Sätze möchte ich mich an dieser Stelle bei „D.L.“ nicht nur bedanken sondern auch meinen Respekt aussprechen! Das jemand so fair und differenziert einen Friseurbesuch bewertet, ist äußerst selten. Oftmals wird man im Internet als Dienstleister entweder mit 5 Sternen bejubelt oder mit 1 Stern hingerichtet. Das sich jemand die Zeit nimmt um nicht nur mehrere Besuche, sondern auch einzelne Leistungen (wie hier z.B. den Empfang) in die Gesamtbewertung mit einzubeziehen ist äußerst selten. Das finde ich wirklich großartig!

Nach langen Überlegen bin ich in einen anderen Frisör-Salon gerannt und die haben sofort gesehen, wo das Problem lag und es korrigiert (es war kein Ding der Unmöglichkeit). Jetzt bin ich glücklich damit. Die Haare sitzen.

Beim lesen dieser letzten Sätze, gingen mir gleich ganz viele Gedanken durch den Kopf. Zum einen eine leichte Kritik: Der Friseurbesuch war am Montag. Die Bewertung bekamen wir am Dienstag. Wie man da von „..nach langen Überlegen…“ schreiben kann, verstehe ich nicht. Wenn ich „lange Überlege“, dann muss ich ein paar mal darüber schlafen und „renne“ nicht sofort zu einem anderen Friseur. Aber das ist sicherlich nur eine Randnotiz. Der entscheidende Punkt ist doch: Die Kundin verließ unglücklich unseren Salon, fühlte sich mit den Haaren unwohl, ging zu einer anderen Kollegin oder anderem Kollegen, und dort wurde sie sofort verstanden und der Haarschnitt wurde so optimiert dass sich die Kundin wieder wohl fühlte. Kompliment an die Hamburger Kollegin bzw. den Hamburger Kollegen. Doof für uns, gut für den anderen Salon.

Es ist doch klar, dass ich das nicht gerne lese und darüber traurig bin. Ich möchte weder das jemand unglücklich unsere Salons verlässt, noch möchte ich Kunden verlieren. Aber… was ich in über 30 Berufsjahren lernen musste ist die Tatsache, dass man nicht allen und jeden glücklich machen kann. Der Friseurberuf ist ein Handwerk. Wir erstellen jeden Tag Unikate. Zeigt mir eine Person die das jeden Tag über Jahre hinweg fehlerlos hinbekommt. Das gibt es nicht. Und das hat auch nichts mit mangelnder Professionalität zu tun. Es ist menschlich. Beispiel: Die Spieler unserer Nationalmannschaft sind durch und durch Profis, die besten ihres Fachs im ganzen Land. Und dennoch war die Leistung am letzten Wochenende nicht gut genug um das Spiel gegen Mexico zu gewinnen. Das ist so. Manchmal gibt es solche Tage…. was mich zurück auf den Friseurbesuch von „D.L.“ bringt: War die Kollegin die „D.L.“ bediente an dem Tag einfach nicht gut drauf? Ich bin der Sache sofort nachgegangen, bin zum Ballindamm gefahren und habe mit der Kollegin gesprochen.

Ihre Schilderung war in vielen Dingen deckungsgleich mit dem Erlebnisbericht der Kundin. Zum Beginn hatte die Kollegin ein klares Bild von der Wunschfrisur der Kundin im Kopf und ging motiviert und mit einem sicheren Gefühl den Haarschnitt an. Während der Bedienung und einigen Aussagen der Kundin verschwamm dieses klare Bild auf einmal. Daher fragte die Kollegin mehrfach nach, zog sich sogar Rat von einer Kollegin hinzu, aber an dem Punkt war das Kind wohl schon in den Brunnen gefallen. Irgendwie gab es keine Übereinstimmung mehr zwischen dem was sich die Kundin und was sich die Friseurin vorstellte. Das Ergebnis ist bekannt. Ich selbst habe über 30 Jahre lang Haare geschnitten. Ich würde lügen wenn ich solche Momente nicht kennen würde. Was für eine blöde Situation! Es gibt Jahre (!) da kommt das nicht ein einziges Mal vor. Aber dann…. dann kommt dieser Moment. Und dann ist das für beide Seiten völlig unbefriedigend. Man versucht das Beste rauszuholen, aber man wird die Vorstellung der Kundin mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht erfüllen können.

Klar, dass die Kundin einen anderen Salon aufgesucht hat. Wer kann das nicht verstehen? Würde wohl jeder von uns genau so machen. Und dann triffst Du auf den Salon wo Dich jemand sofort versteht und Deine Vorstellung sofort umsetzen kann. Perfekt. In diesem Fall toll für den anderen Salon, blöd für uns. Wobei… jeden Monat kommen zahlreiche neue Kunden in unsere Salons, weil sie woanders unzufrieden sind. Dadurch gewinnen wir jeden Monat echte Fans und tolle, neue Kunden. Aber klar ist auch, dass immer mal wieder auch unglückliche Nicolaisen Kunden in anderen Salons sitzen können. Fühlt sich für mich natürlich absolut unbefriedigend an, aber so ist das Leben.

Ein letzter Gedanke zu der Kollegin am Ballindamm. Die Kundin „D.L.“ hat mir eine weitere Nachricht gesendet, in der sie mir erklärte, dass sie die Kollegin nicht namentlich öffentlich kritisieren wolle, da sie „… bestimmt eine tolle Karriere vor sich hat….“. Ich finde das ganz toll und wertschätzend. Wahnsinn dies so zu spüren und zu schreiben, obwohl man doch selbst mit dem eigenen Ergebnis unglücklich ist. Auch an dieser Stelle nochmal meinen Respekt für diese wirklich ganz besondere Bewertung!

Und ich teile die Meinung über die Kollegin uneingeschränkt. Diese Friseurin hat sich in der Zeit in der sie bei uns ist wirklich schon sehr viele Fans erarbeitet. Die Kunden schätzen besonders an ihr, dass sie „nicht einfach loslegt“, sondern sich vorab immer genau erkundigt was der exakte Kundenwunsch ist. Sie ist sehr penibel in ihrer Arbeit, äußerst genau und hat einen sehr hohen Anspruch an sich selbst. Dabei stets ein Lächeln auf den Lippen und ist unglaublich freundlich und herzlich. Ich bin total glücklich sie bei uns im Team zu haben! Und nach dem Gespräch am gestrigen Nachmittag fühlten wir uns beide besser. Ich fühlte mich besser, weil ich nach dem Gespräch wusste, dass nicht ein fachlicher Fehler im klassischen Sinne vorlag, sondern weil es Momente gibt wo man es einfach nicht besser hinbekommt. Und die Kollegin fühlte sich besser, weil sie durch unser Gespräch merkte, dass sie im Grunde nichts falsch gemacht hat. Sie hat ihr bestes gegeben, hat sich voll reingekniet und versucht den Kundenwunsch zu 100% zu verstehen und umzusetzen – aber das ist in diesem Fall nun mal nicht gelungen. Schade. Ärgerlich. Aber so… ich hab’s schon einmal geschrieben… so ist das Leben!

Ich wünsche uns allen einen schönen Mittwoch.

Herzlichst – Lars Nicolaisen