Eigentlich wollte ich positiv und mit einem breiten Lächeln in den neuen Monat starten. Ich hätte auch allen Grund dazu. Heute am 01. November ist endlich Syringa Helweg zurück an meiner Seite und in der Hamburger Meile. Hab´sie vermisst;-) Und ab heute verstärkt eine neue, tolle Profistylistin das Team am Ballindamm. Super! Dennoch starte ich ein wenig verärgert in diesen Donnerstag. Warum? Der Grund ist mal wieder politischer Natur…
Wer gestern die Tagesschau gesehen hat, hat sicherlich mitbekommen dass die Bundesregierung sich darauf geeinigt hat den gesetzlichen Mindestlohn ab 01. Januar 2019 anzuheben. Das dabei als Image-Foto eine Szene aus einem Friseursalon verwendet wurde, sollte dem Zentralverband des Friseurhandwerks (ZDF) zu denken geben. Es liegt noch viel Arbeit vor dem ZDF um endlich unsere Branche aus diesem Schmuddelimage zu führen!
Der gesetzliche Mindestlohn steigt Anfang nächsten Jahres also um 35 Cent auf 9,19 Euro pro Stunde. Die entsprechende Verordnung des Bundesarbeitsministeriums wurde vom Kabinett gebilligt. In einem weiteren Schritt wird der Mindestlohn ab dem Jahr 2020 auf 9,35 Euro angehoben. Die Bundesregierung setzt damit eine Empfehlung der Mindestlohnkommission vom Juni 2018 um. Und ich frage mich ob in Regierung und Kommission überhaupt auch nur EIN Unternehmer oder EINE Unternehmerin sitzt. Ich empfinde diese Debatte um den Mindestlohn allmählich als ein unverblümtes Schmierentheater, welches mich langsam aber sicher richtig nervt.
Bin ich gegen Lohnerhöhungen? Nein! Im Gegenteil! Wir machen uns bei Nicolaisen ständig Gedanken wie wir die Lohnstruktur für unsere Mitarbeiter immer weiter optimieren können. Ich empfinde all unsere Mitarbeiter – ach was – ALLE Friseure in Deutschland sollten viel mehr Geld bekommen. Unser Handwerk ist so komplex und anspruchsvoll geworden – und so wichtig für das Wohlbefinden für so viele Menschen – das in unserem Handwerk viel höhere Löhne angemessen wären. Und im gleichen Atemzug möchte ich sagen, dass auch wir Friseurunternehmer viel mehr Geld „verdienen“ als wir uns am Ende selbst auszahlen können. Wir tragen das volle Risiko. Wir bilden aus. Wir betreiben Integration. Wir begleiten und unterstützen. Wir denken nicht rein Gewinnmaximierend, sondern versuchen für alle Mitarbeiter bestmögliche Rahmenbedingungen zu bieten. Wir investieren in aller erster Linie in MENSCHEN!
Das wurde gesellschaftspolitisch noch nie wertgeschätzt. Gehen Sie als Unternehmer mal zu einer Bank und fragen nach einem Kredit, dann wissen Sie was ich meine. Wünsche ich z.B. 100.000 Euro Kredit für eine neue Einrichtung, dann sprechen Banken von „Investitionen“. Würde ich den gleichen Kredit anfragen um unseren Mitarbeitern noch bessere Rahmenbedingungen und noch wertvollere Weiterbildungen zu ermöglichen, spricht die Bank von „Kosten“. Was lernt man daraus? Die Chance einen Kredit für Möbel zu bekommen ist hoch. Die Chance einen Kredit für Mitarbeiter zu bekommen ist gleich null. So tickt unsere Gesellschaft.
Zurück zur Mindestlohnerhöhung. 9,19 Euro Mindestlohn bedeuten für einen Vollzeitbeschäftigten etwas mehr als 1500 Euro im Monat – brutto! All unsere Stylisten verdienen bereits heute deutlich mehr. Aber mir geht es bei diesem Thema ja auch gar nicht nur um „Nicolaisen“.
Was bleibt von der Erhöhung um 35 Cent pro Stunde beim Mitarbeiter? 15-20 Cent. Dem Unternehmer kostet diese Anhebung jedoch deutlich mehr als 35 Cent, da sich auch alle Lohnnebenkosten erhöhen. Unter dem Strich bleibt beim Arbeitnehmer nur sehr wenig hängen. Der Mitarbeiter gewinnt nicht. Die Kosten fürs Unternehmen erhöhen sich jedoch und werden früher oder später Preisanhebungen mit sich ziehen müssen. Die Dienstleistung wird teurer. Der Kunde gewinnt nicht. Durch höhere Preise steigt auch das Risiko das Kunden wegbleiben. Der Unternehmer gewinnt nicht. Somit sehe ich in dieser Konstellation gleich drei Verlierer und nur einen Gewinner. Der einzige Gewinner bei solch einer Mindestlohnerhöhung ist der Staat! Da sich die Löhne in Deutschland erhöhen, erhöhen sich auch die Steuereinnahmen.
Wäre es der Bundesregierung und der Mindestlohnkommission WIRKLICH wichtig dass die Arbeitnehmer in Deutschland spürbar WIRKLICH mehr Geld erhalten und der Wohlstand steigt, dann würde man nicht nur den Mindestlohn anheben, sondern gleichzeitig die Lohnnebenkosten für die Unternehmen stabil halten oder noch besser „senken“! In einer Phase wo wir ständig von Steuerüberschüssen in Milliardenhöhe lesen dürfen, wäre das doch nicht zu viel verlangt, oder? Wer macht eigentlich Politik für mich und meine Mitarbeiter? Ich kann aktuell keine Partei und keine Person erkennen!
Lohn rauf – Lohnkosten runter. Das würde bedeuten, dass tatsächlich „mehr Netto vom Brutto“ bleibt. Und es würde gleichzeitig die Unternehmen nicht noch weiter belasten, man könnte noch mehr in Mitarbeiter, Qualität und Service investieren und die Preise blieben gleichzeitig stabil. Somit hätten ALLE gewonnen – nur der Staat müsste sich bewegen. Das tut er momentan nur auf Kosten anderer. Er selbst bewegt sich nicht. Aber wäre das wirklich zu viel verlangt? Habe ich nicht mal in der Schule gelernt das der Staat den Bürgern dienen soll? Ich denke es wäre an der Zeit!
Herzlichst, Lars Nicolaisen