Jeden Mittwoch werfe ich einen Blick auf unsere Bewertungen bei Google und Facebook. Das wollte ich auch heute früh machen, doch leider hat uns in den letzten Tagen keine neue Bewertung erreicht. Was nun? Sollte ich mich mit einer „alten“ Bewertung beschäftigen? Fand ich nicht so spannend. Und da kam mir vor wenigen Minuten eine abartige Idee…

Nach mehreren Jahren der Abstinenz habe ich heute früh mal wieder das Bewertungsportal „Yelp“ besucht. Tapfer suchte ich nach unserem Unternehmen und filterte dann nach der neusten Bewertung. Sie stammt vom 1. April 2018 von „M.J.“ und betrifft unseren Salon am Ballindamm:

Ich glaube, wenn es Nicolaisen Intercoiffure irgendwann nicht mehr geben sollte (Gott bewahre!), werde ich nie wieder zum Friseur gehen. 😉

Nach jahrelanger erfolgloser Suche nach einem fähigen Friseur, der auch zuhört und sich Zeit nimmt, bin ich bei Nicolaisen am Ballindamm gelandet. Ich gehe nun schon seit Jahren dorthin und bin immer zufrieden. Das Personal ist nett (T.K. ist sowieso der Coolste) und die Location ist auch schön. Die Preise finde ich nicht überteuert, Qualität und faire Löhne müssen ja auch finanziert werden.

Wow… damit hätte ich nicht gerechnet. Und diese positive Bewertung erfreut mich natürlich sehr. Herzlichen Dank an „M.J.“! Wer wie ich in den 60ern geboren ist und in den 80ern somit seine Jugend verbrachte, der verbindet mit den Initialen „M.J.“ natürlich viele durchgetanzte Nächte und gigantische, unvergessliche Live-Shows im Volksparkstadion 😉

Ich freue mich wirklich sehr über diese tolle Bewertung. Dennoch werde ich diese Plattform gleich wieder verlassen und so schnell auch nicht wiederkommen. Es dauert bis man mich so richtig ärgern kann, aber Yelp hat es geschafft. Ich verspüre eine große Abneigung gegen dieses Bewertungsportal. Wer diesen Blog schon seit vielen Jahren verfolgt, der weiß warum. Für alle anderen versuche ich mich so kurz wie möglich zu fassen.

Früher gab es ein beliebtes Bewertungsportals mit dem Namen „Quype“. Es war meines Wissens damals das größte Bewertungsportal in Deutschland. Google und Facebook hatten noch keine Bewertung-Funktionen. Auf „Quype“ erhielten wir über 120 Bewertung. Und ich hatte alle Bewertungen gelesen und kommentiert. Unsere Salons erfreuten sich hoher Beliebtheit. Kritische Stimmen gab es auch, es war aber eine verschwindend geringe Minderheit. Dann wurde 2012 „Quype“ von „Yelp“ übernommen, dem (zumindest damals) größten Bewertungsportal der Welt! Und was dann passierte, kenne ich eigentlich nur von billigen Filmproduktionen mit ganz schlechtem Drehbuch. Von den über 120 Bewertungen blieben 11 übrig. ELF! Und 9 von diesen 11 Bewertungen waren „1-Sterne-Bewertungen“. Die anderen beiden waren „3 Sterne“ Bewertungen. Alle, wirklich ALLE positiven Bewertungen wurden gelöscht, übrig blieben nur die Verrisse! Das allein ist schon skandalös. Aber es kam noch besser….

Wenige Wochen später fing Yelp an mich anzurufen. Sehr gut geschulte Verkäufer boten mir an für eine monatliche „Summe X“ zu einem offiziellen Yelp-Partner zu werden. Ihr könnt Euch vorstellen wie das bei mir ankam. Zunächst freundlich, im späteren Verlauf dann deutlicher, informierte ich jeden Yelp-Anrufer dass ich über das Löschen von über 100 positiven Bewertungen verärgert bin und das dies keine seriöse Geschäftspolitik ist. Die Antwort war immer die gleiche: „Wir wollen bei Yelp sicher gehen, dass es bei uns keine Fake-Bewertungen gibt, sondern dass nur die Bewertungen von ehrlichen, echten Menschen auf unserem Portal zu finden sind.“ Das bedeutete also, dass nach der Yelp-Logik alle früheren positiven Bewertungen wohl unwahr (und wahrscheinlich sogar von mir selbst erstellt worden) sein mussten. Nur die kritischen mussten „echte“ Bewertungen sein. Was für eine unglaubliche Unterstellung!

Den absoluten Tiefpunkt erlebte ich bei einem späteren Telefonat mit „Yelp“. In diesem Gespräch hat mir der Yelp-Mitarbeiter tatsächlich gesagt, dass wenn ich irgendeine Yelp-Premium-Mitgliedschaft eingehen würde (ich glaube es war damals die Rede von gut 80,00 Euro pro Monat & Salon), ja dann könnte die technische Möglichkeit bestehen alle über 120 Bewertungen wieder online zu schalten… Ich war sprachlos. Das ist für mein Empfinden eine Art Erpressung und hat mit seriöser Geschäftspolitik aber auch so gar nichts mehr zu tun. Und seit diesem Moment wusste ich, ich muss das unternehmerische Risiko eingehen und versuchen auch ohne das größte und mächtigste Bewertungsportal der Welt erfolgreich zu sein. Die letzten Jahre haben gezeigt, dass mir/uns dies gelingen kann. Und ich werde es auch die nächsten Jahre weiterhin versuchen.

Letzter Gedanke zu diesem Thema: Das alles passierte 2012 & 2013. Es sind also ein paar Jahre ins Land gegangen. Wie die Geschäftspolitik von „Yelp“ heute im Jahr 2018 aussieht, kann ich nicht beurteilen. Gerade im Internet und mit der Möglichkeit überall alles und jeden zu bewerten, ist die Zeit ja nicht stehengeblieben. Mag sein, dass man Bewertungen auf „Yelp“ heute wieder mehr vertrauen kann. Aber damals war mir klar, dass nur die Geschäfte überwiegend positive Bewertungen erhielten, die dafür monatlich bezahlten und einen Yelp-Aufkleber an die Eingangstür klebten. Geht es unseriöser?

Ich wünsche uns allen heute einen wunderbaren Mittwoch und morgen einen schönen Feiertag. Wir lesen uns Freitag wieder.

Herzlichst, Lars Nicolaisen