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Lars Nicolaisen:

„Wahnsinn!“ Das war der erste Gedanke als ich im Internet auf diesen Kommentar eines Journalisten in der Münsterländer-Zeitung gestoßen bin. Nun ja, jeder darf ja seine Meinung haben und selbstverständlich müssen nicht alle MEINE Meinung haben. Jeder so wie er es mag… wenn da nicht ein klitzekleines Problem wäre, und das heißt „wertschätzende Entlohnung“.

Der Friseurberuf war, ist und wird nie ein Hochlohn-Beruf sein. Dazu wird unser Handwerk in Deutschland von der breiten Masse als nicht besonders wertvoll erachtet. Anders lässt es sich nicht erklären warum es Millionen Deutsche akzeptieren wenn z.B. ein Kfz-Mechaniker oder ein Klempner angemessen hohe Stundenlöhne aufrufen dürfen, der Friseur jedoch in der gleichen Arbeitszeit nur ein Minimum dessen in Rechnung stellen darf. Wieso das so ist, ist extrem vielschichtig und genau so schwer zu erklären. Ich habe in diesem Blog in den letzten Jahren immer mal wieder versucht meine Sichtweise diesbezüglich auszudrücken.

Radio Regenbogen hat letzte Woche eine Liste der schlechtbezahltesten Berufe veröffentlicht. Der Friseurberuf landet bei dieser ernüchternden Liste auf Platz 2, noch schlechter als z.B.Kassiererin, Zimmermädchen oder Callcenter-Agent. Nur der Beruf der Küchenhilfe ist nach dieser Liste noch schlechter bezahlt. Das ist beschämend genug. Doch was unterscheidet den Beruf des Friseurs von denen der Zimmermädchen, Kassiererinnen, Küchenhilfe oder Callcenter-Agenten? Was ist die noch größere Dramatik in dieser eh schon schwer zu ertragenden Liste? Die Tatsache, dass dem ausüben des Friseurberufs immer noch eine dreijährige Ausbildung vorausgehen muss. MUSS! Das bedeutet hohe finanzielle Einschränkungen für den Friseurauszubildenden und mal so ganz nebenbei (weil das so gut wie nie erwähnt wird) auch hohe Kosten für den Ausbildungsbetrieb. Jeder Auszubildende kostet mich im Schnitt 9.000,00 Euro im Jahr. Und wir haben aktuell 11 Auszubildende! 

Das sich diese Kosten irgendwo auch wieder im Preis des Kunden widerspiegeln müssen, ist doch klar. Und wenn Journalistenclowns wie Sascha Keirat sich dann doch lieber in eine Schwarzgeldbude um die Ecke die Haare schneiden lassen wollen, dann komme ich aus dem Kopfschütteln gar nicht mehr heraus. Sagen Sie mal Herr Keirat, geht´s noch? Wer soll eigentlich noch das Geld für die Münsterländer Zeitung ausgeben und Ihren Lohn bezahlen können, wenn man immer noch der verstaubten „Geiz ist Geil-Kultur“ huldigt? Wie kurzfristig gedacht ist das denn bitte?

Daneben ist es ja auch ganz erstaunlich was Herr Keirat kritisiert. Er kritisiert ja nicht mangelnde Qualität, sondern er war genervt dass da ein Friseur seinen Beruf anscheinend mit viel Freude, Leidenschaft und Kundenorientierung ausüben wollte. Und dieser arme Kollege hatte dann diesen anspruchslosen, unterbelichteten und freudlosen Schreiberling auf seinem Stuhl. Da tut mir der Kollege nachträglich wirklich leid.

Okay… bevor ich mich weiter aufrege und mich noch mehr in der Wortwahl vergreife (denn natürlich hätte dieses Thema noch viele wichtige Facetten die man besprechen könnte)  möchte ich mir aber meine gute Laune für den heutigen Tag nicht verderben. Ich bin froh darüber, dass wir unser Unternehmen in den letzten Jahren so aufstellen konnten dass wir auch weiterhin sehr gut und werteorientiert ausbilden (das tun in Hamburg nur noch 20% aller Friseursalons!) und das wir auch ein Lohnsystem installieren konnten welches gegenüber unseren Mitarbeitern fair und wertschätzend ist. Von einem richtig guten Betriebslima, einer intensiven Weiterbildungskultur, bestmögliche Arbeitsbedingungen und so individuellen wie möglich gestalteten Arbeitszeiten mal ganz abgesehen… Das alles wird am Ende von unseren Kunden getragen, die dies mit ihren Besuchen ja auch alles erst ermöglichen. An dieser Stelle herzlichen Dank an alle Kundinnen und Kunden!

Nach 32 Berufsjahren werden Simona und ich erstmals einen „Brückentag“ ausnutzen. Am kommenden Wochenende findet eine Familienfeier in Bayern statt, zu der wir schon am Freitag fliegen und bis Montag bleiben werden. Von daher wird dieser Blog nun kurz pausieren. Ich wünsche uns allen schon jetzt einen schönen „Vatertag“ und anschließend ein wunderbares Wochenende.