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Lars Nicolaisen:

Meine Großeltern waren Dienstleister. Meine Eltern sind Dienstleister. Meine Frau und ich sind Dienstleister – vom ersten Arbeitstag an. Seit über drei Jahrzehnten. Unsere Mitarbeiter sind Dienstleister durch und durch. Es ist toll und erfüllend „Dienst“ am Menschen zu „leisten“. Dienstleistungsberufe unterliegen gewissen Gesellschaftstrends. Dienstleister spüren mit als Erstes, wenn sich Gesellschaften verändern. Und aktuell machen wir einen Trend aus, der uns gelegentlich unsere Freude am arbeiten nimmt und der auch bei allem Verständnis nicht mehr umkommentiert hingenommen werden kann. Teile unserer Gesellschaft werden anscheinend immer beliebiger, unzuverlässiger und egoistischer.

In den Salons haben wir seit einiger Zeit ein neues Rate-Spiel entwickelt. Titel: „Wo sind unsere Kunden? Was ist wohl der Grund warum die Kundin / der Kunde einfach nicht erschienen ist?“ Die Antwortmöglichkeiten sind vielschichtig…. Mittlerweile vergeht kaum mehr ein Tag an dem in jedem unserer Salons Kundentermine einfach nicht eingehalten werden. Es werden Termine gemacht, Stylisten geblockt – und dann kommt aber niemand. Das gab es vor 30 Jahren auch schon, aber da konnte man das pro Monat an einer Hand abzählen. Heute ist das Alltag! Jeder Tag. In jedem Salon. Und ich spreche nicht von Kunden die entweder kurz vorher anrufen und absagen, oder Kunden die nachträglich anrufen und sich entschuldigen. Nein, damit kann man als Dienstleister sehr gut umgehen. Ich spreche von Kunden die einen Termin buchen, einfach nicht kommen und ein paar Tage später anrufen und einfach einen neuen Termin buchen wollen, ohne zu dem zuvor nicht eingehaltenen Termin Stellung zu beziehen. So als ob wir das nicht gemerkt haben. Als ob das völlig egal ist. Es gibt auch Kunden bei denen Telefonnummer oder E-Mail Adressen einfach nicht stimmen. Sind das alles Roboter oder Personen die einen bewusst schädigen wollen?

Wir haben jetzt ausgerechnet, dass uns allein durch nicht abgesagte und unentschuldigte Nichterscheinungen von Kunden jeden Monat mehrere Tausend Euro Umsatz am Monatsende fehlen. Da frage ich mich: Wie soll ich damit umgehen? Wie sollen wir finanzielle Möglichkeiten schaffen um z.B. unsere Mitarbeiter noch besser zu entlohnen oder die Serviceleistungen zu optimieren wenn der jeweilige Salon zwar theoretisch ausgebucht ist aber am Ende gar nicht so viele Kunden wie möglich bedient wurden? Das nervt mich. Und das nervt auch die Mitarbeiter. Und das Wort „nervt“ verwende ich jetzt in vollem Bewusstsein! Wir alle üben unseren Beruf mit so viel Begeisterung und Freude aus. Und ich denke das spüren unsere Kunden auch jeden Tag. Und dieses „genervt sein“ durch unentschuldigtes Nicht-Erscheinen braucht doch wirklich kein Mensch. Ein kurzer Anruf von Kundenseite genügt um die ganze Situation zu 100% zu entkrampfen.

Natürlich wissen wir, dass es nicht nur uns so geht. Alle Kollegen mit denen ich über dieses Thema spreche, machen seit ein paar Jahren die gleichen Erfahrungen. Auch dort ist die Tendenz steigend. Und das ist natürlich ja auch kein friseurexklusives Thema. Die gehobene Gastronomie beklagt ebenfalls großzügige Tischreservierungen von Gästen die dann einfach nicht erscheinen. Bei Ärzten wird es ähnlich sein. Wie sollen wir Dienstleister nun mit dieser gesellschaftlichen Entwicklung umgehen? Ignorieren? Das würde jedoch zur Folge haben, dass alle Dienstleistungen deutlich teurer werden müssten um den Verdienstausfall zu kompensieren. Damit würde man also die „ehrlichen Kunden“ bestrafen. Das kann ja nicht im Sinne des Erfinders sein… Oder für Reservierungen einen „Preis X“ vorab kassieren? Oder keine Termine mehr anbieten und generell ohne Termine arbeiten? Alles ja nun wirklich keine gute Idee. Aber wie sollen wir angemessen auf diese steigende Zahl von „Nichterscheinern“ angemessen reagieren? Hat jemand eine Idee?

Dennoch, eines möchte ich in diesem heutigen Blog-Beitrag nicht vergessen: Wir freuen uns über ALLE Kunden die einen Termin bei uns reservieren und dann auch erscheinen bzw. den Termin absagen oder verschieben. Kann immer mal vorkommen. Kenne ich ja persönlich auch nur zu gut. Und zum Glück ist diese Zahl an Kunden noch deutlich deutlich in der Mehrheit 🙂

Ich wünsche uns allen einen wunderbaren Freitag.

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