Lars Nicolaisen:

Köln ist in diesen Tagen der Hotspot für Videospieler auf der ganzen Welt. In diesen Tagen findet dort die „gamescom“ statt, die größte Videospielmesse der Welt. Nun mag man meinen, dass ich mit meinen 49 Jahren für diesen „Quatsch“ eigentlich viel zu alt sein sollte. So ist es aber nicht.

Seit 1980 bin ich Videospieler. Das ist 36 Jahre her. Ich war 13 Jahre alt und wünschte mir zu Weihnachten nichts sehnlicher als einen „Atari 2600“. Das war damals die erste ernstzunehmende Spielkonsole die es zu kaufen gab. Mein Wunsch ging in Erfüllung. Und meine Eltern sind der beste Beweis dafür, dass man seinem Kind dem Hobby Videospiele ruhig nachgehen lassen kann, ohne dabei soziale Kontakte oder das spielen „draußen“ zu vernachlässigen. Ich denke meine Eltern haben in diesem Punkt alles richtig gemacht – in allen anderen Punkten natürlich auch 😉

Videospiele 1980 und 2016 sind natürlich kaum mehr miteinander zu vergleichen. Die Videospielbranche generiert seit Jahren weltweit mehr Umsatz als Hollywood. Videospiele genießen in vielen Ländern der Erde ein gutes Image und gehören genau so wie Musik, Theater und Film zur akzeptierten Unterhaltungskultur dazu. Doch obwohl bei uns in Deutschland die weltweit größte Spielmesse stattfindet, ist das Image von Videospielen in Deutschland weiterhin grenzwertig. Schnell versucht ein Großteil der hiesigen Medien die Videospiel-Szene in Schubladen zu drücken. Gamer sind übergewichtig, verschwitzt, blaß, verpickelt und irgendwie auch intellektuell zurückgeblieben. Dann die in Deutschland immer schnell aufflammende „Killerspiel-Diskussion“ sobald in Deutschland ein Amoklauf o.ä. zu beklagen ist. Verschwiegen wird, dass es bei männlichen jugendlichen (egal ob sie gewalttätig auffallen oder nicht) ebenso wahrscheinlich ist in deren Wohnungen ein Videospiel zu finden wie ein paar Turnschuhe. Eine kürzlich erschienene US-Studie hat sogar ergeben, dass die Amokläufer in den USA verhältnismäßig wenig Kontakt zu Videospielen hatten. Dafür konsumierten sie überdurchschnittlich viel Horrorfilme. Aber über gefundene brutale DVD´s bei Amokläufern in Deutschland habe ich noch nie gehört oder gelesen. Und ich habe auch noch keinen Politiker gehört der als Konsequenz nach schlimmen Tragödien wie kürzlich in München forderte, die Filmbranche in welcher Form auch immer zu beschneiden. Dies ist für mich ein gutes Beispiel dafür, dass wir alles was wir nicht verstehen – und Popkulturen die wir nicht begreifen und mit denen wir nicht aufgewachsenen sind – erst einmal kritisch hinterfragen. Das war schon bei den Beatles so. Gestern war es Musik. Heute sind es Videospiele.

Natürlich gibt es viel Mist. Es gibt unerträglich viel gewaltverherrlichte Musik, Filme und auch Spiele. Keine Frage. Aber es gibt auch so viele wunderschöne Melodien, traumhafte Filme und verzaubernde Spiele. Aktuell spiele ich z.B. das wunderbare „Abzu“. Das Spiel ist ein audiovisueller Genuss. Es ist eine stimmungsvolle Komposition aus Klängen und Bildern in einer mysteriösen Unterwasserwelt, in der nicht nur zig Fische und Wale, sondern auch archäologische Monumente zum Erkunden einladen. Schon nach wenigen Augenblicken unter Wasser war ich von der musikalisch sowie stilistischen Welt begeistert. Ich lade wirklich jeden Leser ein, der den heutigen Blog-Beitrag tatsächlich bis hier hin durchgelesen hat (Kompliment!), sich den Trailer anzuschauen. Auch solche Spiele gehören zur aktuellen Videospielkultur! Und davon gibt es viel mehr als es die breite Masse in Deutschland erwartet, dessen bin ich mir sicher.

Leider habe ich es dieses Jahr erneut nicht nach Köln geschafft. Einmal war ich auf der gamescom. Und zugegeben… da fühlte ich mich auch irgendwie fehl am Platz. Ich war zwar nicht der einzige Dinosaurier auf dem Messegelände, aber wir Dinos waren schon absolut in der Minderheit. Und viele Spiele sind mir mittlerweile auch zu schnell, zu hektisch und zu komplex. Aber es gibt jedes Jahr genug Perlen an denen ich mich erfreuen kann. Und heute Abend werde ich nach einem langen und intensiven Arbeitstag wieder ins Meer tauchen. Da freue ich mich jetzt schon drauf 😉